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Hans Sachs
(*05. Nov. 1494 19. Jan. 1576)
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Das Schlaraffenland
»Eine Gegend heißt Schlaraffenland,
Den faulen Leuten wohlbekannt; ...«
Von dem dt. Autor Hans Sachs (Vertreter der 'Renaissance') und dem wohl
berühmtesten 'Meistersinger'
stammen sehr viele: Fastnachtsschwänke, Spruchgedichte etc.
Am bekanntesten ist wohl sein Knittelversreim vom
'Schlaraffenland'.
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Autoren der 'Renaissance':
Sebastian Bran(d)t, Conrad Celtes, Johan Fischart, Nicodemus Frischlin,
Ulrich von Hutten, Johann von Saaz (oder auch von Tepl), Martin Luther,
Thomas Murner, Thomas Naogeorg, Johann Reuchlin,
Hans Sachs, Jörg Wickram.
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*Bild: (Pieter Bruegel der Ältere, auch der 'Bauernbruegel' genannt
- weil er vielfach Szenen aus dem bäuerlichen Leben gemalt hat).
- 'Schlaraffenland' -
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Das Schlaraffenland (aktualisierte Fassung)
Eine Gegend heißt Schlaraffenland,
Den faulen Leuten wohlbekannt;
Die liegt drei Meilen hinter Weihnachten.
Ein Mensch, der dahinein will trachten,
Muß sich des großen Dings vermessen
Und durch einen Berg von Hirsebrei essen;
Der ist wohl dreier Meilen dick;
Alsdann ist er im Augenblick
Im selbigen Schlaraffenland.
Da hat er Speis und Trank zur Hand;
Da sind die Häuser gedeckt mit Fladen,
Mit Lebkuchen Tür und Fensterladen.
Um jedes Haus geht rings ein Zaun,
Geflochten aus Bratwürsten braun;
Vom besten Weine sind die Bronnen,
Kommen einem selbst ins Maul geronnen.
An den Tannen hängen süße Krapfen
Wie hierzulande die Tannenzapfen;
Auf Weidenbäumen Semmeln stehn,
Unten Bäche von Milch hergehn;
In diese fallen sie hinab,
Daß jedermann zu essen hab.
Auch schwimmen Fische in den Lachen,
Gesotten, gebraten, gesalzen, gebacken;
Die gehen bei dem *Gestad so nahe,
Daß man sie mit den Händen *fahe.
Auch fliegen um, das mögt ihr glauben,
Gebratene Hühner, Gäns' und Tauben;
Wer sie nicht fängt und ist so faul,
Dem fliegen sie selbst in das Maul.
Die Schweine, fett und wohlgeraten,
Laufen im Lande umher gebraten.
Jedes hat ein Messer im Rück';
Damit schneid't man sich ab ein Stück
Und steckt das Messer wieder hinein.
Käse liegen umher wie die Stein.
Ganz bequem haben's die Bauern;
Sie wachsen auf Bäumen, an den Mauern;
Sind sie zeitig, so fallen sie ab,
Jeder in ein Paar Stiefel herab.
Auch ist ein Jungbrunn in dem Land;
Mit dem ist es also *bewandt:
Wer da häßlich ist oder alt,
Der badet sich jung und wohlgestalt't
Bei den Leuten sind allein gelitten
Mühelose, bequeme Sitten.
So zum Ziel schießen die Gäst',
Wer am meisten fehlt, gewinnt das Best;
Im Laufe gewinnt der Letzte allein;
Das Schlafrocktragen ist allgemein,
Auch ist im Lande gut Geld gewinnen:
Wer Tag und Nacht schläft darinnen,
Dem gibt man für die Stund' einen Gulden;
Wer wacker und fleißig ist, macht Schulden.
Dem, welcher da sein Geld verspielt,
Man alles zwiefach gleich vergilt,
Und wer seine Schuld nicht gern bezahlt,
Auch wenn sie wär eines Jahres alt,
Dem muß der andere doppelt geben.
Der, welcher liebt ein lustig Leben,
Kriegt für den Trunk einen
*Batzen Lohn;
Für eine große Lüge gibt man eine Kron'.
Verstand darf man nicht lassen sehn,
Aller Vernunft muß man mäßig gehn;
Wer Sinn und Witz gebrauchen wollt,
Dem wär kein Mensch im Lande *hold.
Wer Zucht und Ehrbarkeit hätt lieb,
Denselben man des Lands vertrieb,
Und wer arbeitet mit der Hand,
Dem verböt man das Schlaraffenland.
Wer unnütz ist, sich nichts läßt lehren,
Der kommt im Land zu großen Ehren,
Und wer der Faulste wird erkannt,
Derselbige ist König im Land.
Wer wüst, wild und unsinnig ist,
Grob, unverständig zu aller Frist,
Aus dem macht man im Land einen Fürsten.
Wer gern *ficht mit Leberwürsten,
Aus dem ein Ritter wird gemacht,
Und wer auf gar nichts weiter acht't
Als auf Essen, Trinken und Schlafen,
Aus dem macht man im Land einen Grafen.
Wer also lebt wie obgenannt,
Der ist gut im Schlaraffenland,
In einem andern aber nicht.
Drum ist ein Spiegel dies Gedicht,
Darin du sehest dein Angesicht.
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Das schlauraffenland (Fassung von 1530)
Ein gegent heißt schlauraffenlant,
den faulen leuten wol bekant,
das ligt drei meil hinter weihnachten,
und welcher darein wölle trachten,
der muß sich großer ding vermeßen
und durch ein berg mit hirßbrei eßen,
der ist wol dreier meilen dick;
alsdann ist er im augenblick
in demselbing schlauraffenlant,
da aller reichtum ist bekant.
da sint die heuser deckt mit fladen,
leckkuchen die haustür und laden,
von speckkuchen *dillen und *went,
die *dröm von schweinen braten sent.
umb jedes haus so ist ein zaun
geflochten von bratwürsten braun,
von *malvasier so sint die brunnen,
kommen eim selbs ins maul gerunnen;
auf den tannen wachsen die krapfen,
wie hie zu lande die tannzapfen,
auf fichten wachsen *bachen schnitten,
eirpletz tut man von birken schitten,
wie pfifferling wachsen die *flecken,
die weintrauben in *dorenhecken,
auf weidenkoppen semmel sten,
darunter bech mit millich gen,
die fallen denn in bach herab,
das iederman zu eßen hab.
auch gehen die fisch in den lachen
gsotten, braten, gsulzt und bachen
und gen bei dem *gestat gar nahen,
laßen sich mit den henden *fahen;
auch fliegen umb (möget ir glauben)
gebraten hüner, gens und tauben;
wer sie nicht facht und ist so faul,
dem fliegen sie selbs in das maul.
die seu all jar gar wol geraten,
laufen im lant umb, sint gebraten,
iede ein meßer hat im rück,
darmit ein jeder schneidt ein stück
und steckt das meßer wider drein;
die *kreuzkes wachsen wie die stein,
so wachsen bauern auf den baumen
gleich wie in unserm lant die pflaumen,
wenns zeitig sint, so fallens ab,
ieder in ein par stifel rab.
wer *pfert hat, wirt ein reicher *meier,
wan sie legen ganz körb voll eier;
so schütt man aus den eseln feign.
nicht hoch darf man nach *kersen steign,
wie die schwarzber sie wachsen tun;
auch ist in dem lant ein jungbrunn,
darin verjungen sich die alten.
vil kurzweil man im lant ist halten:
so zu dem zil schießen die gest,
der weitst vom blat gewinnt das best;
im laufen gwinnt der letzt allein.
das polsterschlafen ist gemein,
ir weidwerk ist mit flöh und leusen,
mit wanzen, ratzen und mit meusen;
auch ist im lant gut gelt gewinnen,
wer ser faul ist und schleft darinnen,
dem gibt man von der stunt zwen pfenig,
er schlaf ir gleich vil oder wenig;
ein furz gilt einen *bingerhaller,
drei *grölzer einen *jochimstaler,
und welcher da sein gelt verspilt,
zwifach man im das widergilt;
und welcher auch nicht geren zalt,
wenn die schult wird eins jares alt,
so muß im jener darzu geben,
und welcher geren wol ist leben,
dem gibt man von dem trunk ein *batzen,
und welcher wol die leut kan *fatzen,
dem gibt man ein *blappert zum lon.
für ein groß lüg gibt man ein kron;
doch muß sich da hüten ein man,
aller vernunft ganz müßig gan;
wer sin und witz gebrauchen wolt,
dem würt kein mensch im lande holt,
und wer gern arbeit mit der hant,
dem verbeut mans schlauraffenlant;
wer zucht und erbarkeit het lieb,
denselben man des lants vertrieb;
wer unnütz ist, wil nichts nit lern,
der komt im lant zu großen ern,
wan wer der faulest wirt erkant,
derselb ist könig in dem lant,
wer wüst, wild und unsinnig ist,
grob, unverstanden alle frist,
aus dem macht man im lant ein fürstn.
wer geren ficht mit leberwürstn,
aus dem ein ritter wirt gemacht;
wer *schlüchtisch ist und nichtsen acht,
dan eßen, trinken und vil schlafn,
aus dem macht man im lant ein grafn;
wer tölpisch ist und nichtsen kan,
der ist im lant ein edelman.
wer also lebt wie obgenant,
der ist gut ins schlauraffenlant,
das von den alten ist erdicht,
zu straf der jugent zugericht,
die gwönlich faul ist und gefreßig,
ungeschickt, heillos und nachleßig,
das mans weis ins lant zu schlauraffn,
darmit ir schlüchtisch weis zu *straffn,
das sie haben auf arbeit acht,
weil faule weis nie gutes bracht.
H.S.S.
Anno salutis 1530.
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- 'Das Schlaraffenland' (Hans Sachs):
*Wir haben der aktualisierten Version noch die Fassung von 1530 gegenüber gestellt.
Rot markiert Textpassagen, die links in der aktualisierten Fassung nicht vorkommen.
Grün dagegen markiert die Passagen, die nur in der aktualisierten Version vorkommen.
Violett steht für eine Passage, die verschoben vorkommt.
Mit einem * markierte Wörter (wie: *dillen ...),
liefern eine direkte Erklärung beim Darauffahren mit dem Mauszeiger.
Di., 04.03.2008
Vielen Dank noch einmal an den Schweizer wispor-Nutzer Herrn M. aus Basel.
Er hat uns bei den folgenden Begriffen mit der richtigen Übersetzung geholfen.
Zu Blaffert haben wir auch noch etwas ergänzt.
'bachen' = gebacken,
'blappert' = kleine Münze auch: Blaffert, Blaffardus.
Blaffardus (Num.), im Mittelalter auch Albus genannt. Blaffert hieß die Münze am Rhein
(1 Blaffert= 3 Stüber bzw. 4 Albus). In der Schweiz war der Wert = 1 Schilling oder auch 6 Rappen.
'Dorenhecke' = Dornenhecke,
'dröm' = Balken,
'flecken' = wahrscheinlich rundes Brot
Wir haben die Erklärungen gegengeprüft und nun auch Belegstellen in älteren Texten
von E-Books (bis auf den Begriff 'flecken'!) gefunden.
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EXIF: c_0383m.jpg © wispor.de / *Herbstwald bei Münster (Westf.)
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EXIF-Infos: | ™Canon EOS 400D / ™Tamron AF 70-300mm - LD Macro 1:2 |
Bild: | c_1765m.jpg |
Originalfoto: | 3.888 x 2.592 | Zeit: | 13. Jan. 2008 / 16:31 |
Belichtung: | 1/1000 s | Blende: | F 5,6 | ISO: | 200 |
Brennweite: | 218 mm | Qualität: | JPG: L | Fokus: | AF |
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