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  Biographie: Heinrich Heine


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 Heinrich Heine (*1797 †1856)

Geburtsname: Harry Heine

Pseudonyme:  Philalethes | Sy Freudhold Riesenharf




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*13. Dez. 1797 Heinrich Heine wird als Harry Heine in Düsseldorf (als Sohn des jüdischen Schnittwarenhändlers Samson Heine) geboren.
1815 Kaufmännische Lehre in Frankfurt am Main.
1816 Heine arbeitet im Bankhaus seines Onkels (in Hamburg).
Danach Jurastudium in Bonn.
1820 Universitätsbesuch in Göttingen. Von der Uni verwiesen wegen eines Duellvergehens.
1821-23 Studium in Berlin.
1825 Heinrich Heine konvertiert vom Judentum zum Protestantismus. Er lässt sich auf den Namen Heinrich taufen.
Promotion zum Dr. jur.
1826-31 Reisebilder und -briefe: 'Reisebilder'
1827 Gedichte: 'Buch der Lieder'
1831 Emigration nach Frankreich. Heine bleibt bis zu seinem Lebensende in Paris.
1835 Verbot von Heines Schriften in Deutschland.
Wie übrigens auch von weiteren Autoren der Gruppe
'Junges Deutschland': Gutzkow, Laube, Mundt, Wienbarg.
1836 Essay:
'Die Romantische Schule'
1840
Polemik:
'Ludwig Börne. Eine Denkschrift'
Romanfragment:
'Der Rabbi von Bacherach'
1844
Versepos: 'Atta Troll'
Gedichte: 'Neue Gedichte'
Versepos:
'Deutschland. Ein Wintermärchen'
1848 Heine ist aufgrund einer schweren Erkrankung bis zu seinem Tode bettlägerig.
1851 Lyrikband: 'Romanzero'
1853 Fabel (in Versform):
'Die Wanderratten'
1854 ???: 'Lutetia'
17. Feb. 1856 Heine stirbt am 17.02.1856 in Paris.
Heine kontra Börne:

Leider bekriegte sich Heine mit seinem Schriftstellerkollegen Ludwig Börne, der ebenfalls vom Judentum zum Protestantismus konvertiert war.

Heine gab sogar (1840) die Polemik:
"Ludwig Börne. Eine Denkschrift" heraus, in der er Börne ordentlich 'beharkte'.
Börne war zu Heines Lebzeiten übrigens der bekanntere, geachtetere Autor in Dtl.

Heine, die Nazis und die BRD:

Die Nationalsozialisten konnten später einen solchen kritischen, in ihren Augen 'jüdischen' Geist natürlich überhaupt nicht verknusen. Dies ging soweit, dass alle Gedichte, Aphorismen und andere Werke Heines aus Schul- und Lesebüchern für die Zeit des 'Dritten Reiches' verbannt wurden.
Um die 'Loreley' kamen sie aber doch nicht herum, deshalb stand in der Zeit stets unter der abgedruckten Ballade: 'Autor unbekannt'.

Für ihre kategorische Ablehnung Heines haben sich die Nazis z. B. auf Aussagen des antisemitischen und antisozialistischen Historikers Heinrich von Treitschke ('Deutsche Geschichte im 19. Jh.') gestützt ...

Selbst nach dem WK II war Heine in Dtl. noch umstritten. So sollte die 1966 gegründete Universität in Düsseldorf seinen Namen tragen. Der Streit darum (da Heine für einige Entscheidungsträger wohl immer noch: 'Nestbeschmutzer' und 'Vaterlandsverräter' war) dauerte über 20 Jahre. Erst seit 1988 heißt die Uni: 'Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf'!

Heine, ein deutscher Dichter und sein Verhältnis zu Frankreich:

Lutetia (1854?)
(Berichte über Politik, Kunst und Volksleben)

[...] Aber, unglücklicher Poet, warst du nicht durch deine französische Naturalisation hinlänglich geschützt gegen solche Ministerwillkür?

Ach, die Beantwortung dieser Frage entreißt mir ein Geständnis, das vielleicht die Klugheit geböte zu verschweigen. Aber die Klugheit und ich, wir haben schon lange nicht mehr aus derselben Kumpe gegessen – und ich will heute rücksichtslos bekennen, daß ich mich nie in Frankreich naturalisieren ließ und meine Naturalisation, die für eine notorische Tatsache gilt, dennoch nur ein deutsches Märchen ist. Ich weiß nicht, welcher müßige oder listige Kopf dasselbe ersonnen. Mehre Landsleute wollten freilich aus authentischer Quelle diese Naturalisation[507] erschnüffelt haben; sie referierten darüber in deutschen Blättern, und ich unterstützte den irrigen Glauben durch Schweigen. Meine lieben literarischen und politischen Gegner in der Heimat, und manche sehr einflußreiche intime Feinde hier in Paris, wurden dadurch irregeleitet und glaubten, ich sei durch ein französisches Bürgerrecht gegen mancherlei Vexationen und Machinationen geschützt, womit der Fremde, der hier einer exzeptionellen Jurisdiktion unterworfen ist, so leicht heimgesucht werden kann. Durch diesen wohltätigen Irrtum entging ich mancher Böswilligkeit und auch mancher Ausbeutung von Industriellen, die in geschäftlichen Konflikten ihre Bevorrechtung benutzt hätten. Ebenso widerwärtig wie kostspielig wird auf die Länge in Paris der Zustand des Fremden, der nicht naturalisiert ist. Man wird geprellt und geärgert, und zumeist eben von naturalisierten Ausländern, die am schäbigsten darauf erpicht sind, ihre erworbenen Befugnisse zu mißbrauchen. Aus mißmütiger Fürsorge erfüllte ich einst die Formalitäten, die zu nichts verpflichten und uns doch in den Stand setzen, nötigstenfalls die Rechte der Naturalisation ohne Zögernis zu erlangen. Aber ich hegte immer eine unheimliche Scheu vor dem definitiven Akt. Durch dieses Bedenken, durch diese tiefeingewurzelte Abneigung gegen die Naturalisation, geriet ich in eine falsche Stellung, die ich als die Ursache aller meiner Nöten, Kümmernisse und Fehlgriffe während meinem dreiundzwanzigjährigen Aufenthalt in Paris betrachten muß. Das Einkommen eines guten Amtes hätte hier meinen kostspieligen Haushalt und die Bedürfnisse einer nicht sowohl launischen als vielmehr menschlich freien Lebensweise hinreichend gedeckt – aber ohne vorhergehende Naturalisation war mir der Staatsdienst verschlossen. Hohe Würden und fette Sinekuren stellten mir meine Freunde lockend genug in Aussicht, und es fehlte nicht an Beispielen von Ausländern, die in Frankreich die glänzendsten Stufen der Macht und der Ehre erstiegen – Und ich darf es sagen, ich hätte weniger als andere mit einheimischer Scheelsucht zu kämpfen gehabt, denn nie hatte ein Deutscher in so hohem Grade wie ich die Sympathie der Franzosen gewonnen,[508] sowohl in der literarischen Welt als auch in der hohen Gesellschaft, und nicht als Gönner, sondern als Kamerad pflegte der Vornehmste meinen Umgang. Der ritterliche Prinz, der dem Throne am nächsten stand und nicht bloß ein ausgezeichneter Feldherr und Staatsmann war, sondern auch das »Buch der Lieder« im Original las, hätte mich gar zu gern in französischen Diensten gesehen, und sein Einfluß wäre groß genug gewesen, um mich in solcher Laufbahn zu fördern. Ich vergesse nicht die Liebenswürdigkeit, womit einst im Garten des Schlosses einer fürstlichen Freundin der große Geschichtschreiber der französischen Revolution und des Empires, welcher damals der allgewaltige Präsident des Konseils war, meinen Arm ergriff und, mit mir spazierengehend, lange und lebhaft in mich drang, daß ich ihm sagen möchte, was mein Herz begehre, und daß er sich anheischig mache, mir alles zu verschaffen. – Im Ohr klingt mir noch jetzt der schmeichlerische Klang seiner Stimme, in der Nase prickelt mir noch der Duft des großen blühenden Magnoliabaums, dem wir vorübergingen und der mit seinen alabasterweißen vornehmen Blumen in die blauen Lüfte emporragte, so prachtvoll, so stolz, wie damals, in den Tagen seines Glückes, das Herz des deutschen Dichters!

Ja, ich habe das Wort genannt. Es war der närrische Hochmut des deutschen Dichters, der mich davon abhielt, auch nur pro forma ein Franzose zu werden. Es war eine ideale Grille, wovon ich mich nicht losmachen konnte. In bezug auf das, was wir gewöhnlich Patriotismus nennen, war ich immer ein Freigeist, doch konnte ich mich nicht eines gewissen Schauers erwehren, wenn ich etwas tun sollte, was nur halbweg als ein Lossagen vom Vaterlande erscheinen mochte. Auch im Gemüte des Aufgeklärtesten nistet immer ein kleines Alräunchen des alten Aberglaubens, das sich nicht ausbannen läßt; man spricht nicht gern davon, aber es treibt in den geheimsten Schlupfwinkeln unsrer Seele sein unkluges Wesen. Die Ehe, welche ich mit Unserer Lieben Frau Germania, der blonden Bärenhäuterin, geführt, war nie eine glückliche gewesen. Ich erinnere mich wohl noch einiger schönen Mondscheinnächte, wo sie mich[509] zärtlich preßte an ihren großen Busen mit den tugendhaften Zitzen – doch diese sentimentalen Nächte lassen sich zählen, und gegen Morgen trat immer eine verdrießlich gähnende Kühle ein und begann das Keifen ohne Ende. Auch lebten wir zuletzt getrennt von Tisch und Bett. Aber bis zu einer eigentlichen Scheidung sollte es nicht kommen. Ich habe es nie übers Herz bringen können, mich ganz loszusagen von meinem Hauskreuz. Jede Abtrünnigkeit ist mir verhaßt, und ich hätte mich von keiner deutschen Katze lossagen mögen, nicht von einem deutschen Hund, wie unausstehlich mir auch seine Flöhe und Treue. Das kleinste Ferkelchen meiner Heimat kann sich in dieser Beziehung nicht über mich beklagen. Unter den vornehmen und geistreichen Säuen von Périgord, welche die Trüffeln erfunden und sich damit mästen, verleugnete ich nicht die bescheidenen Grünzlinge, die daheim im Teutoburger Wald nur mit der Frucht der vaterländischen Eiche sich atzen aus schlichtem Holztrog, wie einst ihre frommen Vorfahren, zur Zeit, als Arminius den Varus schlug. Ich habe auch nicht eine Borste meines Deutschtums, keine einzige Schelle an meiner deutschen Kappe eingebüßt, und ich habe noch immer das Recht, daran die schwarzrotgoldene Kokarde zu heften. Ich darf noch immer zu Maßmann sagen: »Wir deutsche Esel!« Hätte ich mich in Frankreich naturalisieren lassen, würde mir Maßmann antworten können: »Nur ich bin ein deutscher Esel, du aber bist es nicht mehr« – und er schlüge dabei einen verhöhnenden Burzelbaum, der mir das Herz bräche. Nein, solcher Schmach habe ich mich nicht ausgesetzt. Die Naturalisation mag für andere Leute passen; ein versoffener Advokat aus Zweibrücken, ein Strohkopf mit einer eisernen Stirn und einer kupfernen Nase, mag immerhin, um ein Schulmeisteramt zu erschnappen, ein Vaterland aufgeben, das nichts von ihm weiß und nie etwas von ihm erfahren wird – aber dasselbe geziemt sich nicht für einen deutschen Dichter, welcher die schönsten deutschen Lieder gedichtet hat. Es wäre für mich ein entsetzlicher, wahnsinniger Gedanke, wenn ich mir sagen müßte, ich sei ein deutscher Poet und zugleich ein naturalisierter Franzose.[510] – Ich käme mir selber vor wie eine jener Mißgeburten mit zwei Köpfchen, die man in den Buden der Jahrmärkte zeigt. Es würde mich beim Dichten unerträglich genieren, wenn ich dächte, der eine Kopf finge auf einmal an, im französischen Truthahnpathos die unnatürlichsten Alexandriner zu skandieren, während der andere in den angebornen wahren Naturmetren der deutschen Sprache seine Gefühle ergösse. Und ach! unausstehlich sind mir, wie die Metrik, so die Verse der Franzosen, dieser parfümierte Quark – kaum ertrage ich ihre ganz geruchlosen besseren Dichter. – Wenn ich jene sogenannte poésie lyrique der Franzosen betrachte, erkenne ich erst ganz die Herrlichkeit der deutschen Dichtkunst, und ich könnte mir alsdann wohl etwas darauf einbilden, daß ich mich rühmen darf, in diesem Gebiete meine Lorbeern errungen zu haben. – Wir wollen auch kein Blatt davon aufgeben, und der Steinmetz, der unsre letzte Schlafstätte mit einer Inschrift zu verzieren hat, soll keine Einrede zu gewärtigen haben, wenn er dort eingräbt die Worte: »Hier ruht ein deutscher Dichter.«










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